Antonia Low

Mittwoch, 27.03.2019 um 12.00 Uhr


Das Gespräch findet in der Ausstellung There Is Fiction in the Space Between im NBK in der Chausseestraße 128-129, 10115 Berlin-Mitte statt.


Antonia Low, Rückzug des Materials, 2019,
 Installationsansicht, Neuer Berliner Kunstverein (n.b.k.) 


In den Museen von Rom füllt die Nacht die Säle, wo die Meisterwerke stehen: „Die schlafende Furie“, „Der Hermaphrodit“, „Die Venus Anadyomene“, „Der sterbende Gladiator“, Marmorblöcke, die den großen allgemeinen Gesetzen unterliegen, welche das Gleichgewicht, die Schwere, die Dichte, die Dehnung und Kontraktion von Steinen bestimmen und nichts davon wissen, dass seit Jahrtausenden tote Künstler ihre Oberfläche nach dem Bild von Wesen eines anderen Zeitalters geformt haben. Die Nacht nimmt die Ruinen der antiken Monumente in sich auf, diese privilegierten Bruchstücke der Vergangenheit, mit ihrem Schutzgitter und dem leeren Stuhl des Kontrolleurs neben dem Drehkreuz. Auf der Triennale der modernen Kunst sind die Gemälde nur noch auf Rahmen gezogene Leinwandvierecke mit einer ungleich aufgetragenen Kruste von Farben, die in diesem Augenblick alle ein einziges Schwarz sind. 

Marguerite Yourcenar, in: Eine Münze in neun Händen, 1971