Mittwoch, 18. Dezember 2013, 20.00 Uhr
Moellendorffstr.54, 10367 Berlin
Sarcófago, 2012, Graphit auf Papier, 230 x 157 cm.
Das Werk des Malers Pablo Alonso könnte man als steten Kampf gegen jedwede Art von Grenze beschreiben, egal ob diese physisch, historisch, konzeptuell oder sogar auf die Malerei bezogen ist. Gerade deshalb ist Pablo Alonso im Hinblick auf die klassischen Stilrichtungen schwer einzuordnen.
Alonso ist ein Künstler, der sich absolut für die Malerei begeistert. So wird er zu einem ihrer heftigsten Verfechter, auch wenn es auf den ersten Blick gar nicht so aussieht. In seinen jüngsten Bilderserien, wurde die Leinwand gewaltsam bearbeitet; sie wurde zum Beispiel zerknüllt und wieder gespannt, als handle es sich um altes Papier; oder sie wurde mit einem Schweißbrenner angezündet, um bei den aufgetragenen Pigmenten chemische Reaktionen auszulösen. Aus dem ersten Prozess entsteht die Serie der quadratischen Leinwände, die in Rautenform aufgehängt wurden, und deren Oberfläche eher wie Karton als wie Stoff aussieht. Die Bilder, die mit wenigen Ausnahmen einfarbig gehalten sind, zeigen verschiedene Schwarz- und Grautöne und täuschen so eine abstrakte Hell-Dunkel-Malerei (chiaroscuro) vor, basierend auf dreidimensionalen Falten über einer komplett zweidimensionalen Oberfläche. Das Bild tarnt sich als abstraktes Relief und überschreitet so die klassischen visuellen Grenzen zwischen Papier, Leinwand und Stein. Der zweite Prozess der Malerei entsteht ebenso auf einer groß dimensionierten Leinwand, die mit verschiedenen Pigmentschichten bearbeitet wurde. Als letzte Schicht wurde mit großer Sorgfalt Graphit* aufgetragen. Die Leinwand erhebt sich wie ein steriles Universum, ohne Sterne, düster und unheimlich. Pablo Alonso “schändet” sein eigenes Werk mit einem Schweißbrenner, den er als Pinsel benutzt. Der Feuerstrahl ruft eine chemische Reaktion hervor, so dass die verschiedenen Pigmentschichten miteinander verschmelzen und dort, wo der Schweißbrenner mit seiner Hitze die Leinwand küsst, eine Explosion von Farben möglich wird. Die Hitze führt zu einer weiteren chemischen Reaktion, denn der Sauerstoff und die UV-Strahlen wirken auf der Leinwand weiter, intensivieren damit die Farben und schaffen neue Formen. In der Folge enthüllt sich die ästhetische Schönheit dieser Leinwand dadurch, dass sie bestimmten Naturphänomenen ausgesetzt wird; es entsteht ein malerischer Prozess, dessen Verlauf der Künstler nun nicht mehr kontrollieren kann. Pablo Alonso befreit das Werk von seinem eigenen Schöpfer und übergibt es in die Hände unkontrollierbarer Elemente, wie die Luft in einem Ausstellungsraum oder das Licht, das durch die Atelierfenster scheint. Das Kunstwerk wird zu einer Art Lebewesen: Es wird geboren, wächst und stirbt.
Pablo Alonso ist ein Künstler, der seinem Arbeitsmaterial höchste Beachtung schenkt; er erforscht sein Potential und beansprucht es bis über seine Grenzen hinaus. Ein weiteres Beispiel dieser Odyssee kann man in der Serie Sarcófago sehen, in der Graphit auf Zeitungspapier aufgetragen wurde, bis der gesamte Drucktext abgedeckt und somit unsichtbar war. Die Feinheit des Papiers steht im Kontrast zur Kraft des Graphits, der dem Papier eine metallische Textur verleiht. Das Zeitungspapier überschreitet seine Grenzen als einfache Informationsquelle, um eine empfindliche und museumswürdige Unterlage zu werden, wobei es allerdings seine ursprüngliche Funktion als Informations und Textträger negiert.
Für Pablo Alonso hat die Malerei weder Anfang noch Ende; sie befindet sich in einem ständigen Wandel. Deshalb erscheint uns die Malerei von Pablo Alonso so frei: Sie kennt keine Grenzen.
* Graphit ist das Bindeglied zwischen dem Mineralischen und dem Organischen. Graphit ist eine Form von Kohlenstoff unter einem bestimmten Druck. Kohlenstoff ist die Grundsubstanz der organischen Chemie, sie findet sich bei allen bekannten Lebewesen und ermöglicht durch den chemischen Prozess der C14- Methode die Altersbestimmung von Fossilien. Kohlenstoff wird unter extrem hohem Druck zu Diamant.
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